Micromobility, ist das überhaupt was für Frugalisten und warum kann ich nicht weiter einfach Fahrradfahren oder der vollkommen unnötige Hype um Elektro-Scooter

Seit einem Monat sind in Deutschland nun kleine E-Scooter zugelassen. Diese sollen jungen und mittelalten Menschen helfen, endlich geringe Distanzen ohne Einsatz von Muskeln zu überwinden. Die Scooter können bis zu 20kmh fahren und werden von elektrischen Batterien angetrieben.  

Da die Kosten für Mobilität einer der größten Ausgabenposten für Deutsche Privathaushalte bleibt, habe ich mir einmal die Zahlen für die neuen Dienste angeschaut. 

Der Preis für eine Fahrt setzt sich meist aus einer Aktivierungsgebühr für den Roller und dann einer Minutengebühr für die Nutzung zusammen. Bei Tier ist es ein Euro Aktivierung plus 15 Cent pro Minute Fahrt, bei Bird ist es ähnlich. 

Wenn man am Tag drei bis vier Fahrten macht, einmal von der U-Bahn zum Büro und zurück, einmal zum Biergarten oder Restaurant kann man hier schnell Geld eine Menge Geld ausgeben.

Laut dem CEO von Bird, Travis van der Zanden, nimmt Bird im Schnitt $4,27 pro Fahrt ein, das entspricht also 3,27/,15=21,8 Minuten pro Fahrt im Sommer.

Ich sehe häufig die Roller im Parkmodus – gerade bei schnellen Erledigungen will man ja nicht wieder auf Rollerjagd gehen und zahlt die „paar“ Cent für die kurze Pause mit. Im Winter, zumindest in München, werden die Fahrten sicher wieder kürzer, einfach weil es weniger angenehm und sicher ist.

In der Stadt dürfte die Durchschnittsgeschwindigkeit um die 5- 10 kmh sein, bedingt durch die Stopps an den zahlreichen Ampeln, durch Fussgänger und Baustellen. Das hieße, dass die durchschnittliche Fahrt zwischen 3,6 und 7,2 km bei 21,8 Minuten entspricht. In München würde ich jetzt mal für eine Fahrt um die 3-5 km ansetzen. 

Wenn ich 4 Euro pro Fahrt und vier Fahrten am Tag für pro User annehme, sind das schon 16 Euro am Tag und bis zu 480 Euro im Monat. Ein sehr teures Vergnügen also, da kann ich mir in zwei Monaten schon ein gutes Fahrrad für kaufen, was mich mehrere Jahre lang begleiten würde.

 

Was ersetzen die Roller denn?

T3n hat die interessanten Ergebnisse einer Studie aus Paris dazu veröffentlicht:

https://t3n.de/news/e-scooter-nutzung-elektrische-tretroller-1171584/

Die Argumentation der Anbieter ist, dass die E-Scooter Fahrten mit dem Auto ersetzen.

Wenn man 4 km mit dem Auto in der Stadt rumfährt und auch  noch einen Parkplatz suchen und bezahlen muss, der auch immer mehr Geld kostet, kann man das mit dem E-Scooter schneller und günstiger erledigen.

Aber auch das stimmt nur, wenn ich hohe Parkgebühren oder eine lange Parkplatzsuche annehme. In Paris wurden die E-Scooter-Fahrer in der Umfrage gefragt, „wie sie die Strecke, die sie gefahren sind, ohne den Scooter zurückgelegt hätten. Dabei geben nur acht Prozent das Auto oder Taxi an. Fast die Hälfte (47 Prozent) wäre zu Fuß gegangen, der Rest hätte öffentliche Verkehrsmittel (29 Prozent) oder das Fahrrad (neun Prozent) genutzt.“

Wir haben also keinen wirklichen Fortschritt, sondern den Ersatz von bestehenden umweltfreundlichen und günstigeren Fortbewegungsarten, wie zu Fuss gehen oder Fahrradfahren, durch eine umweltschädlichere, ungesundere und teuere Alternative.

 

Sind die Roller denn wenigstens besser als ein Auto?

Erst einmal lohnt es sich, um diese Frage zu beantworten, die Punkte Geschwindigkeit und Kosten anzuschauen:

Die Durchschnittsgeschwindigkeit des Autos in der Stadt dürfte nur leicht über den Rollern liegen, die Kosten pro km nehmen wir einmal hoch mit 45 Cent an (bei meinem Auto sind es unter 30 cent). Dann wären 4 km = 1,8 Euro. In München zahlt man inzwischen 1 Euro pro Stunde parken.

Wenn wir pro Fahrt beim Auto noch jeweils einen Euro Parken annehmen, dann ist es bei den kurzen Fahrten sogar günstiger, mit dem Auto zu fahren, nämlich 2,80 Euro anstatt 4 Euro.

Da wundert es mich gar nicht, dass die Roller Startups extrem schnell wachsen, denn sie verlangen für ein sehr günstiges Gefährt einen sehr hohen Preis, mehr als die Fahrt mit einem substantiell teuereren Auto und können sich dadurch auch ganze Flotten von Menschen leisten, die wiederum mit Autos die Roller einsammeln, neu verteilen und auch teilweise aufladen.

 

Ist es denn wenigsten spaßig?

Für die kurzen Strecken in den großen Städten ist wahrscheinlich der Convenience-Faktor am wichtigsten. Auch wenn es relativ teuer ist, so spart man gefühlt wertvolle Lebenszeit, denn die Roller stehen inzwischen überall herum und man kann sie überall stehen lassen.

Das, gepaart mit einem gewissen Lebensgefühl – an der frischen Luft zu stehen und sich fahren zu lassen – macht aus der Streckenüberwindung ein Vergnügen, im Gegensatz zu U-Bahn, wo man in dunklen Röhren zwar schnell aber eben erst nach einer gewissen An- und Abreise zur Station und einer an der Station Wartezeit zum gewünschten Zielort kommt.

Trotzdem ist für mich der Spassfaktor beim Radeln oder zu Fuss gehen noch höher, denn ich bewege mich einfach gerne und kann mich beim gemeinsamen gehen sogar noch sehr gut unterhalten. Beim Radeln erreiche ich höhere Geschwindigkeiten und gleite mit eigener Kraft dahin.

 

Scooter mieten ist für Frugalisten nicht zu empfehlen:

Daher ist das E-Scooter Fahren für einen Frugalisten und angehenden Investor am Aktien- und Immobilienmarkt nur als Äquivalent eines Jahrgangsbesuches zu empfehlen. Also als einmaliges und sehr seltenes Vergnügen.

Man kann mal ein paar Euro in eine lustige Fahrt investieren, aber als dauerhafte Lösung um die Transportkosten niedrig zu halten eignen sich die Leihservices nicht.

Hier ist weiterhin das beste die Nutzung der eigenen Körperkraft, also Radfahren für die Mitteldistanz, zu Fuß gehen für die Kurzstrecke bis zu 2 km. Das Fahrrad kostet ungefähr 4,8 cent pro km laut einer Untersuchung von Verkehrsforschern der Uni Wien. Diese haben dann in äußerst komplizierten geistigen Verrenkungen noch die Zeit versucht als Kosten einzubringen und das Fahrrad so künstlich verteuert, aber dazu ein anderer Post. Die Ergebnisse der Studie aus Wien sind hier:

https://www.spiegel.de/auto/aktuell/kostenvergleich-rad-gegen-auto-das-velo-ist-sieger-der-herzen-a-753206.html

Da ich ca. 10 km am Tag ins Büro fahre kostet mich das one-way 0,48 Euro, hin und zurück also 96 cent. Das ist natürlich viel günstiger als jeder Roller oder jedes andere Transportmittel.  Ausserdem ist auch noch gesund und macht mir eine verdammt gute Laune, gerade wenn es sommerliche Temperaturen sind. Ich radel langsam und gemütlich und komme so auch nicht ins Schwitzen.

Rund ums Büro gehe ich zu Fuss, also zu Restaurants oder um ein Eis zu kaufen, bei mittleren Distanzen nehme ich wieder das Fahrrad und das kann ich auch jederzeit überall kostenlos parken.

 

Ich bin kein Gegner der Elektro-Roller

Denn die Kosten eines Autos inklusive der durch die Allgemeinheit zu zahlenden Nebenkosten wie Straßenbau und Instandhaltung, Parkplatzvorhaltung und die Verschmutzung der Luft sind ja noch viel höher als die 45 cent. Wenn alle Scootern würde das sicherlich zu mehr Platz für Radfahren führen.

Denn jeder, der vom Auto auf einen e-Scooter umsteigt, reduziert die zu bewegende Masse  um ein Vielfaches, ein e-Scooter wiegt nur zwischen 10 und 15 kg, eine Auto zwischen 1-2,5 Tonnen und man spart dadurch Energie und reduziert seinen CO2 Ausstoß.

Zuletzt gefährden die Rollerfahrer auch weniger ihre  Umgebung, denn mit 10 kmh und Scooter plus Mensch gerammt zu werden ist zwar auch schmerzhaft aber nicht so tödlich wie jedes Auto.

Für mich sind die neue Spezies des Elektro-Scooter fahrenden Menschen aber irgendwie doch faul. Sie erinnern mich an die dicken Comic-Menschen in Wall-E, dem Disney-Film der in der Zukunft spielt. Daher auch meine Auswahl des Titelbildes.

Wenn ich finanziell unabhängig und gesund alt werden möchte, nutze ich jede Möglichkeit mich zu bewegen und zahle keinem überteuerten Micro-Mobility-Anbietern meine hart verdienten Euro um mich nicht bewegen zu müssen.

Ich denke der Blick auf die Zahlen zeigt, dass nicht alles was neu ist auch gut sein muss und auch wenn ein Euro Aktivierungsgebühr nicht nach viel klingt, so kann man hier bei 4 Fahrten am Tag und 16 Euro Kosten aufs Jahr 5840 Euro rausblasen. (365*16 Euro).

Wer das gleiche Geld in einen ETF mit 6% Rendite steckt, hat ich in 20 Jahren bei einer monatlichen Einzahlung 221.806,72 Euro. Dass klingt doch viel besser als jeder Elektro-Scooter.

 

 

 

One thought on “Micromobility, ist das überhaupt was für Frugalisten und warum kann ich nicht weiter einfach Fahrradfahren oder der vollkommen unnötige Hype um Elektro-Scooter”

  1. Jobticket der MVG im Abo und fertig. In München muss man doch eh nur ein paar Meter laufen. Bus, Tram, U-Bahn überall. Und wo die paar Meter kann man ggf. auch noch laufen. Sind sicherlich lustig die kleinen Flitzer aber auf Dauer sehe ich einfach den Sinn nicht.

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