Warum ich das neue (BSRG) Betriebsrentenstärkungsgesetz nicht empfehlen kann

Die Abhängigkeit von einem Staat, der sich selber dauernd ändert, ist für jeden in Deutschland Rentenversicherung Bezahlenden relativ hoch. Man sieht das schön an der Analyse in dem Bild aus dem Jahre 2007. Der Anteil der Rente am Vermögen der Deutschen ist bis zum 7. Vermögensdezil mehr als alle anderen Vermögensteile zusammen. Nur die oberen 30% der Deutschen haben einen höheren Anteil anderer Geld und Sachanlagen als die mit 3% Diskontierte Rente. 

Aber diese Rente ist zu gering. Vor ein paar Tagen hatte ich deswegen Besuch von einem Mitarbeiter einer großen Deutschen Bank, der uns das neue Betriebsrentenstärkungsgesetz (BSRG) erklären wollte. 

Die Rente wird für Arbeitnehmer in Deutschland weniger. Unser Staat bittet darum seine Bürger, stärker selbst vorzusorgen. Dabei bietet er verschiedene Anreize an.  Leider traut der Deutsche Staat es seinen Bürgern aber nicht zu, selbstständig kluge Finanzentscheidungen zu  treffen. Versicherungen und Banken sollen das für den kleinen Sparer machen. Banken und Versicherungen haben aber gegenüber ihren Eigentümern die Verpflichtung, Geld zu verdienen und Gewinn zu machen. Hier liegt also immer ein Interessenskonflikt vor, auch dadurch, dass der bezahlende und der auftraggebende Mensch nicht die gleichen sind. Der Manager wählt aus, die Angestellten dürfen zahlen und mitmachen.

Ich habe mir das trotzdem einmal angeschaut und bin – wie erwartet – auf Gebühren im Kleingedruckten gestoßen.

Als Beispiel haben wir einmal mit 100 Euro im Monat Ansparsumme gerechnet. Dann kommen als erstes auf den unbedarften zukünftigen Rentner folgende Kosten zu:


Abschlusskosten: 705,67 Euro

Jährliche Kosten 36 Euro plus 0,43% Verwaltungsgebühr

Effektivkosten: 1,59%

Plus Verwaltung IOK 1,25% 

Plus Depotbankgebühren 0,09%

Ob die Verwaltungs- und Depotbankgebühren noch zusätzlich zu der Effektivgebühr kämen, kann ich so nicht sagen, klingt aber so.

Das ganze ist eine Versicherung, d.h. man kann eigentlich nichts verlieren, denn es gibt eine sogenannte Garantieleistung. 

Aber:

Die Garantieleistung nach 22 Jahren wären 25.243,41 Euro das sind immerhin 2.356,50 Euro weniger als eingezahlt.

Das sind dann die oben genannten Abschluss- und Verwaltungsgebühren. Viel Geld, immerhin fast 10% der Garantiesumme.

Die kapitalgedeckte Zusatzrente ist ein sehr teures Vergnügen. Ich würde frühestens in 22 Jahren an die Erträge kommen. Dann wären die Erträge aber immer noch zu versteuern

Dafür kriege ich die Sicherheit, kein (wenig) Geld zu verlieren, sowie den Steuerlichen/ Sozialversicherungsvorteil. Da in Deutschland sehr hohe Sozialabgaben und Steuern den Bruttolohn reduzieren, basiert das Konstrukt darauf, dass eigentlich nur 50 Euro Netto vom Lohn weggehen, die andere Hälfte kommt vom Staat.

Da ich aber nicht vorhabe, bis zur vom Staat verordneten Rentenzeit zu arbeiten, also bis 70plus für jetzt vierzigjährige, ist eine 30-Jährige Iliquidät, die nur über das Steuersparmodell funktioniert, für mich keine Empfehlung. Insbesondere in eher unsicherer werdenden Zeiten.

Es wäre wünschenswert, wenn sich der Gesetzgeber weniger um die Gewinne der Banken und Versicherungen bei der Lösung der Rentenproblematik kümmern, sondern den Menschen die Freiheit geben würde, selbst zu entscheiden, wie und mit wem vorgesorgt werden kann. Also eine Möglichkeit, vor Steuern und Sozialabgaben für die Rente anzusparen, aber individuell, auf dem Aktien oder Rentenmarkt, ohne Töpfe für Berater, Banker oder Versicherungen. 

Eine einfache Lösung fehlt, etwas wie das IRA (Individual Retirement Account) Programm in den USA. Dort kann jeder Arbeitnehmer vor Steuern Kapital und eigenes Vermögen aufbauen, von dem er dann nach seinem Arbeitsleben zehrt. Hier sind auch Anlageformen wie ETFs möglich.  Er nimmt sein Geld von Arbeitgeber zu Arbeitgeber mit, der Arbeitgeber entscheidet aber nicht zusammen mit der lokalen Bank, wie hoch irgendwelche Abschlussgebühren sind. Der Staat hat keine Möglichkeit, das Geld zu reduzieren, es ist alles sehr viel transparenter als bei uns.

Hier einmal eine Beispielrechnung für einen 35-jährigen der mit 67 in Rente gehen möchte und dem die normale Rente nicht reicht (also alle):

Der Arbeitnehmer investiert ca. 50 Euro netto und der Staat bekommt ca. 50 Euro Steuer und Sozialversicherungsabgaben weniger, die auch eingebracht werden. 

Option 1: Privat selber aus dem Netto vorsorgen:

Bei einer Investition von 50 Euro netto im Monat für 32 Jahre  (35-jähriger mit Rente ab 67) würde man privat auf ca. 56k Euro kommen, die allerdings jederzeit entnehmbar und 100% im Eigentum des Arbeitnehmer sind.  (6% Rendite angenommen)

Option 2. BRSG

Bei Investition über das BSRG ist das Geld für 32 Jahre nicht wieder zurückholbar (da als Versicherung getarnt). Bei 6% Rendite (die eher unwahrscheinlich sind, da die ausgewählten Fonds höhere Gebühren haben, man sollte also mit weniger rechnen) kommen ca. 81T Euro raus. 45T durch den Eigenbetrag, 11T durch die SV Ersparnis und 24T durch die Steuerersparnis .

Das entspricht für einen 67-jährigen eine garantierte Zusatzrente von 87,98 Euro im Monat (auch bei negativer Rendite).  Bei der angenommenen 6% Rendite wären es 187, 06 Euro im Monat. Die Rentenunterdeckung der meisten wird höher als 100 Euro im Monat sein.  Es kommt also bei hoher Komplexität, geringer Liquidität und 32 Jahren kontinuierlichem Ansparen mit staatlicher Förderung eine sehr geringe Rendite raus.  Wieviel 187,06 Euro in 32 Jahren wert sein werden, ist eine andere Frage.

Wenn das nicht reicht, was dann?

Wichtig ist es für jeden Bundesbürger, der selbst sein Leben kontrollieren möchte, aggressiv seine Kosten in den Griff zu bekommen um schnell eigenes Vermögen aufzubauen und das Geld dann für sich arbeiten zu lassen. Das outsourcen des Schließen der Rentenlücke in der privaten Altersversorgung durch den Staat oder von ihm beauftragte Versicherungen erhöht meiner Meinung nach das persönliche Risiko. 

2 thoughts on “Warum ich das neue (BSRG) Betriebsrentenstärkungsgesetz nicht empfehlen kann”

  1. Hallo Christian,

    erstmal herzlich willkommen in der großen weiten FIRE-Blogger-Welt.
    Bin gespannt, wie du dich künftig platzierst unter der Masse an Bloggern. Der Einstieg ist dir ganz gut gelungen;-) Ich drücke beide Daumen!

    In Sachen betriebliche Altersvorsorge verwechselst du offenbar ein paar Varianten (oder dein Banker hat sie dir unvollständig dargestellt):

    Im Rahmen des BRSG sind Lösungen vorgesehen, die eben gerade KEINE Garantie bieten.
    Das war ein großer Kritikpunkt an den bisherigen Lösungen zur betrieblichen Altersvorsorge.
    Die dort zumeist vereinbarten Garantien kosten enorm viel Rendite und sind damit für viele Kunden nicht ideal.

    Auf der anderen Seite wollen (je nach Studie) 85-95% der Kunden eine nominelle Beitragserhaltungsgarantie. Wahrscheinlich, weil viele die Nachteile derselben nicht verstehen. Da müsste aus meiner Sicht viel mehr Aufklärungsarbeit geleistet werden.

    Was er dir angeboten hat ist vermutlich eine klassische Direktversicherung. Die Kosten sind für Versicherungsverhältnisse noch überschaubar. Geht aber natürlich auch noch wesentlich günstiger. Sprich ihn doch mal auf das Stichwort „Honorartarif“ an. Dort sind keine Abschlusskosten enthalten. Der Berater wird nach Stunden bezahlt. Eine Lösung, die dir gefallen könnte, obwohl auch diese Variante nicht nur Vorteile hat.

    In deiner speziellen Situation „ich will aber mit 50 aufhören zu arbeiten“ ist sowieso keine der genannten Varianten für dich interessant. Du musst alles auf flexible Vorsorgeformen setzen.

    Beste Grüße Stefan

  2. Hallo Christian,
    dein Beitrag ist interessant zu lesen, vielen Dank für die Mühe die du dir machst.
    Bleib bitte am Thema. Ich beschäftige micht erst seit Kurzem mit der Thematik. Aktuell habe ich noch Schuldenabbau auf dem Fokus. Bis zur schwarzen Null will ich weiter verstehen und lernen um bis dahin einen Plan zu haben.
    Freue mich auf weiteren Input.
    VG
    Ronny

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